Die Fischerkirche zu Rust (Sage)

 

Es brüllt der Sturm mit hohlem Mund
und pflügt den See bis auf den Grund
und drängt ihn ans Gestade.
Ein Schifflein, grell vom Blitz umloht,
befindet sich in Wassernot.
Erbarmen, Herr, und Gnade!

Die Fischer stürzen an den Strand.
Ein Rettungsboot ist rasch bemannt,
schon tanzt es auf den Wellen.
Der Himmel segnet solchen Mut
und nimmt sie beide in die Hut,
just ehe sie zerschellen.

Man führt die Fremden an den Herd.
Sie scheinen edel, ehrenwert
und wohl von hohem Stande.
Und in der Fraue, hehr und mild,
sich ihre Majestät enthüllt,
die Königin im Lande.

Die Fischer voller Demut knien.
"Ihr wisst, dass vor dem Feind wir fliehn,
euch schulden wir das Leben.
Und zum Gedenken an die Stund
soll sich auf dieser Erde Grund
ein Gotteshaus erheben."

Und so geschieht's. Der fromme Bau
ragt heute in des Himmels Blau,
im Glanz des Sonnenscheines.
So alt er ist, er hält sich grad,
ein Kleinod dieser freien Stadt
der Störche und des Weines.

 
 
Kruzzi - Türken!
1707

 

Kruzzen und Türken. Schweres Leid
brachten sie uns allebeid.

Kruzzen und Türken - ein schlimmes Wort.
Es bedeutet Brand und Mord.

Ganze Orte geödet, verheert
und hingemetzelt, was sich gewährt.

Hart getroffen des Volkes Kraft,
viele gefangen, verschleppt und versklavt.

Kruzzen und Türken - ein rotes Tuch.
Kruzzi-Türken! Noch heute ein Fluch.

 
 
Der Türk in Eisenstadt)
Sage (1683

 

Der Türke naht mit Heeresmacht.
Die Dörfer brennen Tag und Nacht,
der Himmel ist gerötet.
Es flüchtet, wer sich retten kann,
denn wer verbleibt ist übel dran
und wird brutal getötet.

Die Stadt ist fast zum Bersten voll,
Gerüchte schwirren, wild und toll.
Was wird der Rat beschließen?
Die Stadt ist klein, die Mauer schwach
und jeder Kampf bringt Weh und Ach
und schlimmes Blutvergießen.

So wird das weiße Tuch gehisst.
Alsbald der Türk im Städtchen ist
und fordert Buß und Gabe.
Der Hunger herrscht in jedem Haus
und böse Fieber brechen aus.
Hin schwinden Mensch und Habe.

Und immer karger wird das Brot.
Da schickt der Rat in seiner Not
zwei Mann ins Türkenlager;
den feisten Fleischermeister Till,
den langen Schreiber Gänsekiel,
der äußerst dünn und mager.

Sie stehn vor Kara Mustafa
und klagen ihre Sorgen da:
"Geruhen Euer Gnaden
zu hören, was das Städtchen spricht,
dem's an dem Nötigsten gebricht."
Es kann gewiß nicht schaden.

"So ging's" - hier tritt der Fleischer vor -
"der Stadt, noch eh der Krieg vorm Tor,
und so ergeht's ihr heute!"
Nun präsentiert sich Gänsekiel,
der hager wie ein Besenstil.
Es waren kluge Leute.

Dem Großwesir gefällt der Scherz.
Er zeigt ein aufgeschlossnes Herz
und äußert sich mit Lachen;
"Ihr zahlt fortan den halben Teil."
Die beiden danken voller Eil,
um rasch sich heimzumachen.